Fediverse

Der Begriff „Fediverse“ war kürzlich in Zusammenhang mit einem neuen Service von Meta zu hören und zu lesen. Meta hat über Instagram bekannt gegeben, dass der neue Twitter-Konkurrent, Threads, auch über das Fediverse eingebunden werden soll.

Unsere Vision sieht so aus, dass du durch Threads mit Personen kommunizieren kannst, die andere Fediverse-Plattformen verwenden, die wir weder besitzen noch kontrollieren.

Instagram

Die meisten beschreiben das Fediverse als ein dezentrales Netzwerk im Internet. Es besteht aus einer Verbindung von selbständigen Diensten. Der Informationsaustausch erfolgt über standardisierte Protokolle. Im Falle des Fedeverse ist das meistens ActivityPub vom w3c-Konsortium.

Fediverse als dezentraler Spiegel des sozialen Webs

An Services im Fediverse findet man Social-Media-Angebote, die an Facebook erinnern, es gibt Blogs, Video- und Bild-Hosting-Dienste wie man sie von Youtube oder Instagram kennt. Sie werden von den unterschiedlichsten Organisationen und Einzelpersonen aus unterschiedlichsten Gründen betrieben, ohne dass es eine zentrale Instanz gäbe, die alles kontrolliert. Daher rührt die Bezeichnung „dezentral“.

Wie der Zusammenschluss zum Fediverse aussieht

Das Kunstwort „Fediverse“ leitet sich von „Federation“ und „Universe“ ab. Wesentlich ist also ein an sich offener Raum, in dem es Objekte gib, die sich freiwillig miteinander verbinden.

Die Dienste werden auf Servern implementiert, die von den Akteuren betrieben werden, die aus irgendeinem Grund einen solchen Service anbieten wollen – sei es aus ideellen Gründen oder auch aus kommerziellen oder einfach nur explorativ, um die Möglichkeiten zu erforschen und der Organisation und den Zielen, für die die Betreiber stehen, ein weiteres öffentlich wirksames Kommunikationstool in die Hand zu geben. Jeder, der festgelegte Kommunikationsstandards wie ActivityPub implementiert, kann dann ein Teil des Fediverse sein.

Datensouveränität: Keine zentrale Kontrollinstanz

Ein Schlüsselmerkmal des Fediverse ist die Betonung von Kontrolle durch die Nutzer und Datenhoheit. Weil die einzelnen Dienste dezentralisiert sind, gibt es kein zentrales Unternehmen und auch keine andere Einheit, die Kontrolle über die Daten aller Benutzer hat. An sich gilt das auch für das Internet insgesamt, nur haben sich Organisationen und Unternehmen in vielerlei Hinsicht als beherrschend etabliert: Google für die Websuche und E-Mail, Amazon für E-Commerce, ICANN als Regelinstant für Domainregistrierungen, Facebook als Prototyp für soziale Medien.

Im Fediverse soll jeder Benutzer die Freiheit haben, einen Dienst zu wählen, der seinen Präferenzen in Bezug auf Datenschutz, Inhaltsrichtlinien und andere Aspekte entspricht. Will jemand Mastodon nutzen, kann er einen Betreiber finden, der seinen Vorstellungen entspricht – oder selbst einen Mastodon-Server aufsetzen.

Services, die man im Fediverse findet

Einige der bekanntesten Dienste im Fediverse sind:

  • Mastodon:
    Ein Microblogging-Dienst, der als Alternative zu Twitter entwickelt wurde. Benutzer können kurze Beiträge verfassen und mit anderen teilen, und sie können den Dienst wechseln, ohne ihre Follower zu verlieren.
  • PeerTube:
    Ein dezentralisierter Video-Hosting-Dienst, der als Alternative zu YouTube entwickelt wurde.
  • Pixelfed:
    Ein dezentralisierter Bild-Hosting-Dienst, der als Alternative zu Instagram entwickelt wurde.
  • Friendica:
    Einfach einzurichtendes soziales Netzwerk, das man mit dem Fediverse verbinden kann. Auch wir bei goneo haben mit Friendica experimentiert.

All diese Dienste im Fediverse verwenden ActivityPub, wobei auch andere Protokolle an sich möglich sind. Manche Dienste haben andere technische Bedürfnisse. So gibt es auch das Matrix-Protokoll für Chat bzw. Instant Messaging. Folglich würde man Matrix oder Apps wie Element nicht dem Fediverse zuordnen.

Vernetzte Instanzen

Das, was das Fediverse auszeichnet ist, dass das Fediverse aus vielen verschiedenen, miteinander vernetzten Diensten besteht. Die Anwendungen, mit denen diese Dienste realisiert werden, unterliegen meist einer Open-Source-Lizenz.

Dabei arbeitet jeder Dienst im Grunde unabhängig von anderen. Jeder kann sich eigene Regeln und Richtlinien geben. Das bedeutet, dass die Nutzer auf der einen Seite eine Wahl haben, welchen Dienst sie nutzen möchten, basierend auf ihren individuellen Vorlieben und Bedürfnissen. Andererseits heißt dies aber auch, dass kein zentrales Unternehmen oder eine Regierung die Kontrolle über das gesamte Fediverse hat.

Zensur schwieriger

Der Fediverse-Ansatz ermöglicht ein breiteres Spektrum von Stimmen und Inhalten und reduziert die Möglichkeit von Zensur. Gleichzeitig erfordert es von den Nutzern mehr aktive Beteiligung bei der Auswahl und Verwaltung ihrer Online-Präsenz und ihres Datenmanagements.

Im Fediverse wird die Regelsetzung und Verantwortung weitgehend dezentralisiert. Jeder Dienst oder jede „Instanz“ im Fediverse wird unabhängig voneinander betrieben, und der jeweilige Betreiber oder Administrator ist dafür verantwortlich, seine eigenen Regeln und Gemeinschaftsrichtlinien aufzustellen.

Der Betreiber einer Instanz setzt die Regeln

Diese Regeln können alles umfassen, von Verhaltensnormen und -regeln bis hin zu technischen Aspekten wie Datenschutzrichtlinien und Nutzungsbedingungen. Die Administratoren sind auch dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass diese Regeln eingehalten werden und können Benutzer verwarnen, sperren oder löschen, die gegen die Regeln verstoßen.

Als User ist man dann in der Pflicht, sich stärker als etwa bei herkömmlichen Social-Media-Diensten um diese Regeln, denen man sich unterwirft zu kümmern. Grundsätzlich kann man einen Service auch wieder verlassen oder zu einem anderen umziehen. In der Praxis ist damit aber recht hoher Aufwand verbunden. Auch die Frage, was passiert bei Cybermobbing, Bedrohungen und all den unerwünschten Phänomenen, die die Internet-Kommunikation mit sich bringt, ist komplex.

Moderation ist wichtig

Je nach Ländergesetzgebung kann der Betreiber des Servers verantwortlich sein. Dieser legt dann aber auch fest, wie er mit Fällen von Cybermobbing umgeht. Im schlechtesten Fall tut dieser bei einer Beschwerde gar nichts, so dass ein geschädigter versuchen muss, über staatliche Stellen Rechte durchzusetzen. Und das kann schwierig werden, wenn in einem Rechtsgebiet gar keine Gesetze gegen einen monierten Inhalt existieren.

Auch ist wichtig zu beachten, dass Regeln eines Serverbetreibers nur für die jeweilige Instanz gelten. Ein Benutzer, der von einer Instanz ausgeschlossen wird, könnte sich einfach bei einer anderen Instanz anmelden oder sogar seine eigene Instanz erstellen.

Moderation zwischen Instanzen

Da das Fediverse dezentralisiert ist, gibt es keine zentrale Autorität, die die Regeln für das gesamte Netzwerk festlegt. Stattdessen basiert es auf der Interaktion zwischen autonomen Diensten, die durch standardisierte Protokolle miteinander verbunden sind.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Moderation zwischen den Instanzen. Instanzen können entscheiden, mit welchen anderen Instanzen sie kommunizieren oder welche sie blockieren möchten. So kann eine Instanz, die feststellt, dass eine andere Instanz schädlichen Inhalt verbreitet oder nicht effektiv moderiert, diese blockieren und so die Interaktion mit dieser Instanz für ihre Benutzer einschränken.

Insgesamt basiert das Fediverse auf der Idee der dezentralen Kontrolle und Autonomie, wobei die Macht und Verantwortung auf viele verschiedene Akteure verteilt ist. Dies unterscheidet es stark von zentralisierten Online-Diensten, bei denen ein einzelnes Unternehmen oder eine einzelne Organisation die Kontrolle und Verantwortung über das gesamte Netzwerk hat.

Fediverse Foundation

April 2023 wurde die Fediverse-Foundation gegründet. Diese Organisation betreibt einige Instanzen im Fediverse und hostet nun auch ein Wiki über das Fediverse.

Es soll Quelle für Informationen sein und sowohl Interessierten als auch Neulingen und erfahrenen „Fedizens“ Informationen, Anleitungen, Tipps und Übersichtstabellen bieten.

https://joinfediverse.wiki/Main_Page/Fancy

Zahlen zum Fediverse

Für einige Services im Fediverse lässt sich statistisch nachverfolgen, wie diese sich in Sachen Nutzerzahlen entwickeln.

Grafik vom Juli 2023 zeigt zahlenmäßige Entwicklung des Fediverse am Beispiel Mastodon. Deutlicher Zuwachs nach Musks Kauf von Twitter und seither Stagnation.
Zahlenangaben zu Mastodon-Nutzern und -Instanzen schwanken, zudem gibt es verschiedene Quellen, die solche Zahlen erheben. Der Bot @mastodonusercount geht von um die 13 Millionen Usern aus. Die Zahl der täglich aktiven Nutzer wird mit etwa 58.000 angegeben.

Zwar gibt es unterschiedliche Quellen für solche Statistiken, doch gemeinsam haben sie, dass sie klare Trends nach oben sehen.

Starkes Wachstum erfuhr das Netzwerk nach der Ankündigung von Elon Musk, Twitter zu kaufen und von der Börse zu nehmen. Die Zahlen gehen in die Millionen, doch gemessen an der Reichweite etablierter Plattformen ist das wenig. Threads konnte kurz nach Veröffentlichung 100 Millionen User vorweisen.

Erfahrungen von Usern und Userinnen

Welche Erfahrungen Userinnen und User mit Mastodon machen, lässt sich systematisch schwer bestimmen.

Manche fanden ein neues Social-Media-Zuhause und wandten sich von Twitter ab, andere zeigten sich eher enttäuscht. Das kann auch daran liegen, dass in der Timeline nicht allzu viel passiert. Stars oder Influencer bilden sich da so schnell nicht heraus.

Fazit

Es ist nicht wirklich absehbar, ob Mastodon als die wohl prominenteste Anwendung im Fediverse eine so etablierte Plattform wie Twitter ersetzen kann. Die Dezentralität hat ihren Reiz. Doch dieser Ansatz verhindert auch, dass eine durchgehend positive User Experience zu garantieren ist. Sei es, dass ein Serverbetreiber die Hardware unterdimensioniert oder die Moderation schleifen lässt, beides wird zu negativen Erlebnissen führen, die sich dann auf die Beurteilung von Mastodon niederschlagen dürften. Bei anderen Diensten wird es ähnlich sein.

Die kommerziellen Plattformen haben jederzeit Geld und Manpower innerhalb kürzester Zeit neue Features aus dem Boden zu stampfen. Blauer Haken, den man kaufen kann? Kein Problem, eine Woche später was das bei Twitter online, auch wenn diese Monetarisierungsinitiative gar nicht glücklich umgesetzt wurde.

Man kann davon ausgehen, dass es mehr Instanzen und Server geben wird, die vor allem für jene attraktiv sind, die Datenhoheit und damit auch ein Stück Datensicherheit brauchen.

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