Aufmerksamen Zuhörern ist aufgefallen: Es gab da nun eine dreiwöchige Pause mit unseren Podcast-Episoden (auch wir waren mit der Datenschutzgrundverordnung beschäftigt).
Nun, Tage und auch schon einige Wochen nach dem Tag, als die DSGVO endgültig rechtskräftig wurde, können wir im Prinzip feststellen, dass das Leben eigentlich noch so ist wie vor dem 25.5.2018. Dies ist auch Thema in Episode 38 im goneo Webmacher Podcast.
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Das deutlichste äußere Zeichen dafür, dass sich im Web etwas verändert hat, ist, dass viele Webseiten nun teilweise monströse Cookie-Informationen einblenden. Es gibt Hunderte von Varianten und Umsetzungsalternativen, so dass es immer noch nicht möglich ist, best practises weiterzugeben, was die DSGVO angeht.
Kein Domain-Whois mehr
Wer sich ab und an mit dem Domaingeschäft beschäftigt, hat gemerkt, dass das Domain-Whois, also die Abfragemöglichkeit, wer denn Inhaber einer bestimmten Domain ist, drastisch eingeschränkt worden ist. Bisher konnte jedermann zum Beispiel bei Denic (www.denic.de) als zuständige Organisation für die Vergabe und Verwaltung von Domainnamen unter der deutschen Ländertopleveldoman .de eine Abfrage ausführen und sich anzeigen lassen, wer Inhaber der Domain ist, wer administrativer oder technischer Kontakt ist. Dies geht jetzt nicht mehr, es sei denn man kann ein berechtigtes Interesse an diesen Informationen glaubhaft machen.
Die Daten sind natürlich nach wie vor bei den Registries gespeichert. Auskünfte sind aber nicht mehr ohne Begründung möglich und eigentlich nur noch denkbar für Strafverfolger oder Betroffene, die einem Urheberrechts-, Marken- oder Namensproblem nachgehen müssen.
Die eigene Website ist nicht verzichtbar
Es ist offenbar zu früh, um die Auswirkungen der DSGVO zu bewerten. Was sich abzeichnet ist, , dass man als Webseitenbetreiber nicht unbedingt damit rechnen muss, bald einen Bußgeldbescheid vom Landesdatenschützer zu bekommen.
Von daher ist es vielleicht übereilt und auch nicht nötig, die eigene Website, das Forum, den Blog aus Furcht vor rechtlichen Streitigkeiten ganz aufzugeben oder auch nur vorübergehend offline zu nehmen.
Klar, man sollte alles gesetzeskonform darstellen, aber die enorme Bandbreite der Umsetzungsarten zeigt ja, dass da ganz viel interpretiert wird.
Es sind vereinzelt Abmahnungsversuche registriert worden, die sich allerdings gegen Seiten richteten, die gar keine Datenschutzerklärung beinhalteten oder sonstige deutliche Verfehlungen gegen schon lange bestehendes Recht ausweisen.
Alle Bedenken sollten nicht dazu führen, dass das offene Web darunter leidet. Manch einer kam auf die Idee, Inhalte nicht mehr auf einer eigenen Website, sondern einer Plattform zu publizieren. Dies mag wie eine schnelle und einfache Lösung ausgesehen haben, doch auf diese Weise holst du dir neue Unsicherheiten an Bord.
Genau so ein Fall ist in Zusammenhang mit Facebook und einem Urteil Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Thema Datenschutz eingetreten:
Der Europäische Gerichtshof hat aktuell entschieden, dass diejenigen, die eine Facebook Fanpage haben (besser bekannt als Facebook-Seite), mithaften für möglichen Verstöße, die Facebook gegen das Datenschutzrecht begeht. Der zugrunde liegende Fall ist eigentlich schon 2011 an deutsche Gerichte herangetragen worden, und zwar vom damaligen Landesdatenschutzbeauftragten in Schleswig Holstein. Der wollte u.a. einer Bildungsorganisation untersagen, eine Facebook Fanpage zu nutzen. Weil damit personenbezogene Daten erhoben werden würden und keiner wüßte, wie und wofür diese verarbeitet werden.
Der Fall lag letztlich beim Bundesverwaltungsgericht. Und dieses hat den Europäischen Gerichtshof angerufen, weil europäisches Datenschutzrecht tangiert war und ausgelegt werden sollte – Facebook sitzt, was die europäischen Operationen angeht, in Irland. 2011 gab es noch keine DSGVO, sondern „nur“ eine Richtlinie, die Richtlinie 95/46/EG – bekannt auch als Datenschutzrichtlinie. Ansonsten galt das Bundesdatenschutzgesetz, das sich aber nicht für Facebook in Irland anwenden ließ.
Es gibt auf europäischer Ebene die Möglichkeit, ein Urteil als Vorabentscheidung zu erlassen. Sinn des Ganzen ist, dass überall in der EU, in einer bestimmten Frage möglichst einheitlich geurteilt und verfahren wird.
Rechtsunsicherheit mit Facebook Pages
Die endgültigen Urteile müssten nun also von den nationalen Gerichten gesprochen werden, die zuständig sind und angerufen wurden Das ist bisher noch nicht passiert.
Nun ist hier Rechtsunsicherheit entstanden: Sind jetzt also Facebookseiten, die Unternehmen oder Organisationen anlegen und betreiben, hinsichtlich des geltenden Datenschutzrechts illegal? Vielleicht ja, vielleicht nein. Das ist aktuell unklar. Vielleicht bessert Facebook technisch nach oder die nationalen Gerichte sehen den Fall heute anders als 2011.
Man weiß nie – und das haben wir in diesem Blog und in diesem Podcast mehrfach betont – wie sich die Plattformen kurz- oder auch langfristig entwickeln und welchen wechselnden Bedingungen diese ausgesetzt sind. Dabei ist die Facebooksache auch nur exemplarisch. Der EU-Gerichtshof-Spruch ließe sich ja auf alle möglichen Plattformen anwenden, die wie Facebook Daten erheben und daraus Methoden bereitstellen, diese Daten zu nutzen, eventuell für Werbezwecke.
Man kann davon ausgehen, dass der europäische Markt für US-Internetkonzerne sehr wichtig ist. Vielleicht ist das der drittwichtigste Markt auf der ganzen Welt, nach den USA und Asien.
Einige Fachanwälte nahmen das EU-GH-Urteil zum Anlass für Einschätzungen, zum Beispiel Internetanwalt Christian Solmecke, der eher dazu rät, mit einer Abschaltung der Facebook Faqnpage zu warten.
Rechtsanwalt Sören Siebert kommt auf erecht24 (bekannt durch die Datenschutzerklärungstexte auf vielen Websites) zu der klaren Empfehlung, das risikoscheue User ihre Facebookseite deaktivieren sollten. Risikofreudigere User sollten warten.
Die Juristin und Lehrbeauftragte Anja Neubauer sieht die Dinge etwas eindeutiger und schreibt in einem Gastbeitrag auf Meedia klar:
In erster Konsequenz heißt das, dass alle Seitenbetreiber ihre Seiten löschen oder zumindest „nicht sichtbar“ schalten müssten! Und zwar so lange, bis Facebook eine Option bereithält, dass die Speicherung der Daten explizit ausgeschlossen werden kann!
Sie selbst würde ihre Facebook-Seite nun erst einmal auf unsichtbar schalten bis, so wörtlich, Mark Zuckerberg eine rechtskonforme Lösungsmöglichkeit für die Sammlung der Nutzer meiner Seiten bereithalten würde. Eine andere Alternative sähe sie persönlich nach dem Urteil des EuGH nicht.
Zur Stunde müssen Facebook-Seitenbetreiber wohl alleine entscheiden, wie sie vorgehen. Eine einheitliche oder auch nur mehrheitlich vertretene juristische Meinung gibt es (noch) nicht.
Interessanterweise hat man nach dem EU-Urteil zunächst von Facebook selbst gar nichts gehört. Das eben zitierte Medienmagazin Meedia hat daraufhin wohl aktiv bei Facebook nachgefragt, was man denn davon hielte. Die Antwort fiel salomonisch, aber völlig unkonkret aus: Facebook zeigt sich enttäuscht, aber konkrete Schritte werden nicht angekündigt. Man wolle daran arbeiten, den Partnern von Facebook zu helfen, die Auswirkungen zu verstehen.
Die Entscheidung, eine eigene Website aufzugeben und statten dessen auf Facebook zu setzen, wurde also zum Bumerang. Es ist immer schlecht, abhängig zu sein. Nach dem Richterspruch könnten sich die Spielregeln für Plattformen abrupt verändern.
Für die nächste Zukunft ist zu hoffen, dass sich die Aufregung um DSGVO wieder legt und dass uns jede DSGVO-Abmahnwelle erspart bleibt. Wir wollen uns wieder auf Inhalte für die Websites konzentrieren, darauf wir wir sie besser machen können, wie wir mehr Klicks und Leads generieren. Wir wollen unsere Ziele für 2018/19 formulieren und den Erfolg mit der Website im Mittelpunkt sehen.
Weitere Artikel zur Causa Facebook-Pages
Heise Online: Analyse zum EuGH-Urteil: Kein Grund, Facebook-Seiten zu schließen
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Analyse-zum-EuGH-Urteil-Noch-kein-Grund-Facebook-Seiten-zu-schliessen-4069690.html
T3N: Die Handlungsoptionen und Hintergründe zum Facebook-Urteil für Facebook-Seitenbetreiber. Antworten auf die drängendsten Fragen
https://t3n.de/news/facebook-urteil-facebook-seiten-pages-abschalten-1085380/
Internet World Business: Facebook-Urteil: Das ändert sich für Fanpage-Betreiber
https://www.internetworld.de/social-media/facebook/facebook-urteil-aendert-fanpage-betreiber-1544142.html
Allfacebook: EUGH Urteil: Müssen nun alle Facebook-Seiten geschlossen werden?
https://allfacebook.de/policy/eugh-urteil
Meedia: Die fünf wichtigsten Fragen und Antworten zum EuGH-Urteil zu Facebook-Fanseitenbetreibern
https://meedia.de/2018/06/06/die-fuenf-wichtigsten-fragen-und-antworten-zum-eugh-urteil-zu-facebook-fanseitenbetreibern/
Google-Entwicklerkonferenz dreht sich mehr um KI und Android als um das Web
Vor einigen Tagen fand die Google Entwicklerkonferenz statt, Google I/O.
Was hängenblieb, hat wenig mit dem Web zu tun. Viele werden sich an den Ausschnitt erinnern, der Teil der Keynote von Sundar Pichai war: Der Google Assistent kann selber Telefonanrufe ausführen, etwa beim Friseur, um einen Termin zu machen oder einen Tisch im Restaurant zu reservieren.
Ansonsten stand die I/O 2018 sehr im Zeichen von AI (Stichwort Tensure Flow) und natürlich Android. Über Googlemaps und über die Google Cloud haben wir ebenfalls ein wenig gehört. Über Youtube hingegen erstaunlich wenig.
Als Designer sollte man sich ansehen, was so in Richtung Material Design unter https://design.google veröffentlicht worden ist.
Google übrigens gibt sich immer noch als dein Freund, wenn du Webentwickler bist: „Unser Ziel: Webmastern helfen“, heißt es da, mit Verweisen auf viele Ressourcen für Webdesigner. Da wären die Hangouts, die sogenannten Webmaster Sprechstunden auf Deutsch:
https://www.youtube.com/user/GoogleWebmasterHelp/playlists?sort=dd&view=50&shelf_id=7
Eine Antwort auf „DSGVO: Leben im Web nach dem 25.Mai 2018“